Wir übernachten im Maramba Camp bei Livingstone und nützen die Gelegenheit, die Victoria Fälle nun von der Sambia Seite zu bewundern. Der Sambesi führt viel mehr Wasser, als beim ersten Besuch und entsprechend grandios ist das Schauspiel. Auf dem Rückweg geht Walter noch schnell auf die Toilette, anstatt gleich ins Auto zu steigen. Während ich den Rollstuhl nochmal auslade, nutzt ein frecher Pavian die günstige Gelegenheit und springt durchs Fenster direkt auf den Fahrersitz. Walter wirft mit dem Schlüssel nach ihm (kein anderes Wurfgeschoss ist grade zur Hand) und ich springe wieder ins Auto, um ihn schreiend zu verjagen. Das beeindruckt ihn zunächst wenig und partout will er unsere Trinkflasche mitnehmen, die aber zu gut festgemacht ist. Er lässt sich dann doch beeindrucken und springt zum Fenster wieder hinaus, bevor die bewaffneten Aufpasser des Parkplatzes kommen. Erst dann spüre ich das Adrenalin im Blut. Der erste Impuls auf ihn loszugehen hat zwar genützt, hätte aber auch ganz anders ausgehen können. Zurück auf dem Campingplatz kommt Elefantenbesuch. Sie können nur solange friedlich fressen, bis die Angestellten sie mit Geschrei und Schreckschusspistolen vertreiben. Verständlich, dass sie ihren mühsam gepflegten Garten nicht zerstören lassen wollen und zum Glück gibt es ausserhalb des Zauns genug zu fressen.

Wir füllen alle Reservekanister mit Diesel und Wasser bevor wir uns auf die rumpelige Piste von Kaloma zum Dundumwezi Gate des Kafue National Parks machen, wo wir kurz vor Dunkelheit ankommen. Die Ranger lassen uns vor dem Tor übernachten. Der Eintritt ist verhältnismässig teuer, für uns und das Auto zahlen wir 55 US Dollar pro Tag. Dazu kommen noch die Kosten für einen Campingplatz. Der Park ist nur wenig besucht und die Tiere sind eher scheu wegen der Wilderei, die erst in letzter Zeit einigermassen eingedämmt wurde. Mit ausländischer Hilfe wurde ein neuer Fahrweg gebaut, um den Park besser zu erschliessen. Die sogenannte „Spinal Road“ führt von Süd nach Nord durch den Kafue. Die Spinal Road ist besser als die Zufahrt zum Park und schon bald kommen wir beim Nanzhila Plains Safari Camp an. Man darf als Camper alles nutzen was zu Lodge gehört und die Gastgeber sind sehr nett und hilfsbereit. Sie wollen wissen welchen Weg wir auf der Suche nach Wildtieren nehmen wollen. Falls wir am Abend nicht zurück sind suchen sie uns. Tatsächlich kommt der Besitzer am Abend zum Campingplatz um nachzuschauen, ob wir da sind. Die Wege sind teilweise sandig und schlecht, entweder haben wir inzwischen besser fahren gelernt, oder es liegt an den diversen Verbesserungen am Auto (vielleicht auch an beidem), jedenfalls sind wir schon lange nicht mehr stecken geblieben.

Wir sehen immer wieder Antilopen, Zebras und viele verschiedene Vögel, darunter auch seltene Klunkerkraniche und einen Schopfadler. Von Löwen allerdings nur Spuren. Nervig sind die vielen Tse Tse Fliegen. Ich habe Netze für die Fenster genäht, aber Zweige die in die Spur hängen, reissen immer wieder Löcher. Als wir das Ufer des Itezhi-Tezhi Lakes erreichen, können wir dort Flusspferde, Pukus und viele Fischadler beobachten. Der Kafue River ist zu einem grossen See aufgestaut, dessen Westufer an den National Park grenzt. An der Hippo Bay gibt es eine Lodge mit Camping. Auf der Spinal Road geht’s weiter Richtung Kasabushi Camp. Ein von Mugabe vertriebener Farmer aus Zimbabwe mit seiner englischen Partnerin verwirklichen dort ihren Traum indem sie eine Lodge und einen Camping mit wenig fremder Hilfe aufbauen. Ihr Camp liegt an einem Teil des Kafue, wo es viele Felsen und Stromschnellen gibt. Mit viel Liebe fürs Detail haben sie die Dusche und die Toiletten gestaltet, haben wir doch bisher nie unter einem Wasserfall geduscht. Die Formen und Farben erinnern an Hundertwasser oder Gaudi. Das beste dabei ist, dass es genug Platz hat und Walter sich nicht durch enge Türen quetschen muss. Unsere Wildkamera nimmt nachts eine Zibetkatze auf, die ums Auto läuft, ein halbzahmer Bushbock steht im Gebüsch und seltene Vögel veranstalten den ganzen Tag ein Konzert in den Baumkronen. Gegen Abend machen wir mit Andi eine Bootstour bis zu den Stromschnellen. Hippos tauchen aus der spiegelglatten Wasseroberfläche und grosse Eisvögel stürzen sich kopfüber ins Wasser, auf der Jagd nach Fischen. Langsam versinkt die rote Sonne hinter der märchenhaften Landschaft, während Andi uns die Legende von den Hippos erzählt und warum sie nur nachts aus dem Wasser kommen. Wir können gut verstehen warum Andi und Libby gerade diesen Platz ausgesucht haben. Sie haben aus dem Nichts begonnen und mit viel Arbeit den Camping und 2 Lodge Hütten aufgebaut. Das Gebäude fürs Restaurant ist alleine schon sehenswert und zwischen den runden Felsen soll ein naturbelassener Pool entstehen, von wo man direkt auf den Fluss sieht. Andi und Libby sind sehr herzliche Gastgeber, die sich sehr dafür einsetzen, dass die Besucher sich wohl fühlen. Es gefällt uns so gut, dass wir länger bleiben als zunächst geplant. Eines Morgens entdecken wir sogar ein Rudel Wildhunde auf der Jagd nach Pukus. Alles geht mal wieder sehr schnell, sodass von der Jagd nur unscharfe Bilder entstehen. Die 2 Löwinnen die vor kurzem noch im Camp waren, lassen sich nicht blicken. Auf der Weiterfahrt sehen wir Hyänen. Im Nordteil des Kafue Parks gibt es nur einen Campingplatz, desshalb beschliessen wir die zweite Nacht am Flussufer wild zu campen. In der Dämmerung sitzen wir mit einem Sundowner Bier vor dem Auto, im Fluss spiegelt sich der Abendhimmel und dann brüllt von weitem ein Löwe.

Wir staunen als er wieder brüllt, dieses Mal aber ganz nahe. Mittlerweile ist es dunkel geworden und mir ist nicht mehr geheuer. So schnell wie möglich verschwinden wir im Auto. Gerade noch rechtzeitig, denn nun hören wir ihn grad hinter uns, dann vor dem Auto brüllen. Leider ist es stockdunkel, so dass wir nichts sehen können. Nun sind wir froh nicht in einem dünnen Zelt zu sitzen. Als wir den Park Richtung Teerstrasse verlassen wollen, verlangt der Beamte am Eingang Strafe, weil wir wild gecampt haben (der Campingplatzbesitzer hatte ihn informiert, dass wir nur eine Nacht auf dem Campingplatz waren). Wir weigern uns zu zahlen, soll er ruhig seinen Vorgesetzten anrufen, wir werden nicht bezahlen nur weil die Wege in einem katastrophalen Zustand sind und es nur einen Campingplatz gibt. Der Streit geht zu unseren Gunsten aus und die nächste Nacht verbringen wir auf dem Mayukuyuku Camp, es liegt direkt am Fluss. Prompt kommt wieder ein Elefant ins Camp. Auf der Suche nach Tieren im Park, sehen wir viele Kudus und am anderen Flussufer tobt ein riesiges Feuer. Zuerst hatten wir gedacht es brennt auf unserer Seite. Die Leute in Sambia erscheinen uns fast als Pyromanen. Überall werden Feuer gelegt, die oft ausser Kontrolle geraten. So werden statt dem alten Gras ganze Wälder Opfer der Flammen. Tiere verbrennen, die nicht schnell genug fliehen können, z.B. Jungvögel im Nest, Schildkröten und unzählige Insekten.

Auf dem Weg nach Mongu beobachten wir viele Wahlkampfveranstaltungen, denn bald wird ein neuer Präsident gewählt. Wir sehen Frauen auf deren Wickelröcke das Portait eines Kandidaten gedruckt ist. Wandelnde Wahlplakate, ein geschickter Werbeschachzug. Mongu ist die Provinzmetropole, auch der Sitz des Königs der Llosi, eine Volksgruppe mit eigener Sprache und Kultur. Sie ziehen jährlich hinunter in die Schwemmebenen des Sambesi, wenn dort das Hochwasser zurückgeht und viel saftiges Gras wächst. In der Regenzeit wird dann der Wohnsitz wieder in höher gelegene Regionen verlegt. Von Mongu aus hat man einen atemberaubenden Blick hinunter in die Fluss Ebene. Wir finden in der Liseli Lodge eine sehr gastfreundliche irische Ordensschwester, die uns auf der Rasenfläche campieren lässt. Wir können Wasser auffüllen und ein paar Sachen am Auto reparieren. In Mongu gibt’s auch Diesel und einen gut bestückten Shoprite Supermarkt. Auf der Weiterfahrt machen wir uns auf eine üble Piste gefasst.

Wir glauben schon, wir hätten uns verfahren, als wir auf einer Asphaltstrasse landen, die erst noch auf der falschen Flusseite verläuft. Die Chinesen haben eine neue Strasse gebaut, die auf unseren Karten noch nicht existiert. Da wir nun schon auf der linken Flusseite sind, wollen wir von hier aus zu den Sioma Wasserfällen. Touristisch ist rein gar nichts erschlossen und auf verschiedenen Fahrspuren versuchen wir den Weg zu den Fällen zu finden. Ein Einheimischer, der zu Fuss auf dem Nachhauseweg ist, will uns führen. Er macht einen ehrlichen Eindruck und nach einigen Wegkreuzungen und viel Geschaukel parken wir oberhalb der Fälle. Leider ist der steile Pfad mit dem Rollstuhl nicht machbar, so dass ich mit unserem Führer alleine losziehe. Es geht nicht lang und wir stehen an einem sumpfigen Flussufer. Zunächst glaube ich er macht einen Witz, denn nun will er mit mir durch hüfttiefes Wasser durch den Fluss waten. Dafür habe ich aber entschieden zu viele Krokodile in diesem Fluss gesehen. Auch der am Ufer liegende, halb mit Wasser gefüllte Einbaum scheint mir nicht viel vertrauenserweckender. Er kann fast nicht glauben, dass ich solch ein Angsthase bin. Wir bringen ihn zu seinem kleinen Bauernhof, schenken ihm zum Dank ein paar Kleinigkeiten und drucken ihm ein Foto von ihm und seiner Frau aus. Was dann folgt hat uns total verblüfft. Er strahlt uns an und meint wir sollen entschuldigen, aber nun müsse er erst beten. Er kniete nieder und dankte Gott, dass er uns so unerwartet getroffen hat und in der Schule so viel Englisch gelernt habe, dass er sich mit uns verständigen konnte, und natürlich für die Geschenke und das Foto. Wir waren richtig gerührt. Während der Fahrt sagte er mal, dass die Europäer besser seien als die Chinesen, warum fragten wir dann: „Because the Chinese People doesn`t want to make Friends!“ war die prompte Antwort.

Kurz nach den Sioma Wasserfällen überqueren wir auf einer nagelneuen Brücke den Sambesi. Danach führt die Strasse am rechten Flussufer weiter stromabwärts, vorbei an vielen kleinen Dörfern mit strohgedeckten Hütten, kleinen Feldern, Ziegen und Schafherden. Am Flussufer wachsen grosse alte Bäume und dazwischen schimmert das blaue Wasser des Flusses, immer wieder unterbrochen von Stromschnellen. Zur Kabula Lodge direkt am Flussufer gehört ein schöner Campingplatz mit Grasflächen und sauberen Buschduschen. Wir sind fast alleine dort und machen am Abend eine Bootstour. Viele kommen hierher um Tigerfische zu fangen. Auch ich werfe die Angelschnur aus, die dann vom Boot hinterhergezogen wird. Kurze Zeit später beisst ein ca. 50 cm langer Tigerfisch an. Ich bin froh, dass unser Bootsführer ihn vom Angelhacken nimmt, seine Zähne erinnern mich an die Piranhas in Südamerika. Kein Wunder heissen diese Raubfische Tigerfisch.

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